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Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern stellt Grundsatzpapier und erste Handlungsempfehlungen vor

„Die Bioökonomie ist in Bayern Leitmotiv für die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger, biobasierter Wirtschafts- und Lebensweisen“, heißt es in der Vision des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern. Sie steht am Anfang eines Grundsatzpapiers, das der Sachverständigenrat nun veröffentlicht hat. Doch was genau versteht man unter einer nachhaltigen Bioökonomie? Welche Perspektiven bietet sie für die nachhaltige Entwicklung und welche Strategien sollte Bayern in diesem Kontext verfolgen? Diesen und weiteren Fragen widmete sich die Veranstaltung „Chancen einer nachhaltigen Bioökonomie in Bayern“, zu der der SVB am 9. Mai 2017 nach München eingeladen hatte.Über 150 Teilnehmer waren der Einladung des SVB gefolgt und diskutierten gemeinsam über die Chancen einer nachhaltigen Bioökonomie.

Der Amtschef des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Hubert Bittlmayer, begrüßte die Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und von Nichtregierungsorganisationen. In seinen Grußworten bezeichnete er die Bioökonomie als eine der wichtigsten Chancen für sein Ressort, insbesondere hinsichtlich ihrer Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung und die Steigerung der Wertschöpfung in Bayern. Dafür sei Forschergeist, Wagemut und Entschlossenheit notwendig, denn Bayern solle in der Bioökonomie lieber Lokomotive sein, als im Kohlewagen zu sitzen, so Bittlmayer. Prof. Dr. Markus Vogt, Professor für Christliche Sozialethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Sprecher des SVB stellte den Teilnehmenden das Grundsatzpapier des Sachverständigenrats vor und betonte, dass es ein wichtiges Anliegen des Rats sei, mit dem Papier zu einer gesellschaftlichen Diskussion über grundlegenden Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer nachhaltigen Bioökonomie beizutragen und den Meinungsaustausch anzuregen.
Im ersten Teil der Veranstaltung beleuchteten verschiedene Beispiele und Perspektiven aus der unternehmerischen Praxis die ökonomische Seite der Bioökonomie. Marijn Oosterink von der Südzucker AG zeigte, wie die Zuckerrübe durch verschränkte Energie- und Stoffströme vollständig verwertet und zu einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte verarbeitet werden kann. Dr. Gloria Gaupmann von der Clariant AG stellte eine Technologie ihres Unternehmens vor, mit der Agrarreststoffe wie Stroh zu Bioethanol verarbeitet werden können. Ludwig Lehner, Geschäftsführer der .bwc management consulting GmbH wies auf die vielen Leistungen und Potenziale der Holz-Wertschöpfungsketten hin. Bioökonomie werde in diesen Sektoren schon seit sehr langer Zeit praktiziert, es gehe aber noch besser, so Lehner. Wie Wiesengras als nachwachsender Rohstoff für die Herstellung biobasierter Materialien und Energie genutzt werden kann, erklärte Dr. Michael Gass, Geschäftsführer der Biowert Industrie GmbH und Mitglied des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern. In der „Grasfabrik“ seines Unternehmens wird der Rohstoff in einem Kreislaufverfahren verwertet und zum Beispiel zu Dämmstoffen, Naturfaser-Verbundwerkstoffen und Dünger verarbeitet. Als Abschluss des ersten Teils der Veranstaltung führte Barbara Scheitz, Geschäftsführerin der Andechser Molkerei Scheitz und ebenfalls Mitglied des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern ihre Gedanken zur Lebensmittelerzeugung in Zeiten der Bioökonomie aus. Bioökonomie dürfe nicht die Fortsetzung der bisherigen Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln bedeuten, sondern solle als ethisch normierte Wirtschaftsweise neue Impulse setzen, so Scheitz.
Im zweiten Teil der Veranstaltung widmeten sich Referenten und Teilnehmer der Leitfrage, wie die Bioökonomie einen Beitrag zur Umsetzung der nationalen und globalen Nachhaltigkeitsziele leisten kann. In ihrem Impulsvortrag ging Christiane Grefe, Journalistin und Autorin des Buchs „Global Gardening. Bioökonomie - neuer Raubbau oder Wirtschaftsform der Zukunft?" auf die Chancen und Risiken dieses schillernden und vielschichtigen Konzepts ein. Für die Bioökonomie müsse ein Systemansatz gefunden werden, der ihren verschiedenen Zielkonflikten Rechnung trägt, so Grefe. Die folgende Podiumsdiskussion bot den Diskutanten und den anwesenden Gästen die Möglichkeit, die Bedeutung der Bioökonomie für die nachhaltige Entwicklung zu erörtern. Prof. Dr. Hannelore Daniel, Professorin für Ernährungsphysiologie an der Technischen Universität München und Mitglied des Bioökonomierats der Bundesregierung forderte mehr Mut und Pioniergeist für die Bioökonomie. Es gehe auch darum, manch tradiertes Feld neu zu denken und offen zu sein für neue Technologien. Prof. Dr. Werner Kunz, Leiter des Instituts für physikalische Chemie an der Universität Regensburg betonte vor allem die Chancen für die Steigerung der Wertschöpfung in der bayerischen Landwirtschaft. Dabei käme es vorm allem auf zwei Faktoren an, nämlich einen funktionierenden Businessplan und eine gute Ökobilanz. Benedikt Härlin, Journalist und Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, konnte in der Bioökonomie nichts Neues erkennen. Die globalen Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftsweise blieben aus seiner Sicht unberücksichtigt. Er sprach sich dafür aus, Innovationen in kleinem Umfang und auf regionaler Ebene umzusetzen und vielen Akteuren die Möglichkeit zur aktiven Beteiligung zu geben. Dr. Friedrich von Hesler von dem italienischen Unternehmen Novamont und gleichzeitig Mitglied des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern betonte die zentrale Bedeutung der Verbraucher in der Bioökonomie. Nachhaltige Premiumprodukte müssten auch auf Nachfrage treffen und sich am Markt etablieren, denn sonst seien alle Forschungsinvestitionen umsonst, so von Hesler. Christiane Grefe sprach sich dafür aus, die Bioökonomie trotz offener Zielkonflikte nicht pauschal zu verteufeln. Der Austausch der Anspruchsgruppen der Bioökonomie beginne gerade, worin Grefe eine positive Entwicklung und eine Chance für die partizipative Entwicklung der Bioökonomie sieht.
In seinen Schlussworten appellierte Prof. Dr. Klaus Richter, Leiter der Holzforschung der Technischen Universität München und Mitglied des Sachverständigenrats Bioökonomie Bayern, an die Teilnehmer der Veranstaltung, ihre Rolle als Akteure und Multiplikatoren der Bioökonomie ernst zu nehmen und diese selbst mitzugestalten. Er schloss die Veranstaltung mit dem Verweis darauf, dass die Bioökonomie in einem transparenten und partizipativen Prozess entwickelt werden sollte. Dies stellt gleichzeitig einen Kernpunkt des Grundsatzpapiers des Sachverständigenrats dar, das ab jetzt auf der Website des Sachverständigenrats unter Publikationen abrufbar ist.

Veröffentlicht am: 11.05.2017

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